Bedanken oder Würdigen?

Dankbriefe und den Akt des Dankens halte ich für wichtig im Fundraising. Das habe ich schon häufig geschrieben. Und ich vertreten den Ansatz, dass grundsätzlich jede Spende bedankt werden soll. In meiner Organisation bedeutet das auch, dass wir jeden Dankbrief handschriftlich unterschreiben.

Nun erreicht mich regelmäßig die Frage, ob das denn

  • unter wirtschaftlichen Aspekten vertretbar sei und
  • ob es nicht doch einen großen Unterschied mache, ob jemand 10 oder 1.000 Euro spendet.

Beide Argumente gehen stark von der Organisationssicht aus und spiegeln eine betriebswirtschaftliche, eine marketingorientierte Sicht wider. Beide Argumente sind nicht leicht von der Hand zu weisen. Denn wir müssen in der Tat wirtschaftlich arbeiten – das fordern auch die Spender*innen – und es macht für unsere Arbeit unbestritten einen Unterschied, ob wir 10 oder 1.000 Euro erhalten.

Ein kleines Dilemma also zwischen Wirtschaftlichkeit und guten Sitten bzw. Beziehungspflege. Und in der Praxis fällt die Abwägung sehr oft zugunsten der Wirtschaftlichkeit aus und der Umfang des Dankes geschieht primär in Abhängigkeit zur Höhe der Spende. Kleinspenden werden vorwiegend überhaupt nicht oder “maschinell” mit eingedruckter Unterschrift bedankt.

Diese Denke der Organisationen ist rational nachvollziehbar. Und viele Spendende haben sich daran gewöhnt. Wobei ich auch schon aus namhaften Stiftungen hörte, dass auch große Spenden nicht bedankt werden. Dank wird in erster Linie als eine Form der Gegenleistung seitens der Organisation betrachtet und damit in enger Korrelation zur Höhe der Leistung, also der Spende.

Doch wo bleibt da “der Mensch”, der Spendende? Wo bleibt das “es gehört sich, Danke zu sagen”?

Die Spende bedanken, den Menschen würdigen!

Eine Kollegin brachte vor einigen Jahren den Begriff des Würdigens in die Diskussion.  “Sollte man anstelle des Wortes Bedankung nicht eher von Würdigung sprechen?” Ein interessanter Ansatz, der aus diesem Satz klingt. Spontan fand ich diesen Gedanken spannend, allerdings eher unter dem Gesichtspunkt, das etwas abgegriffene Wort “Dank” durch ein unverbrauchtes Pendant ersetzen zu können.

Aber ist Bedanken und Würdigen wirklich in seiner Bedeutung und in seinem Wirken identisch? Ich denke nein. Würdigen hat seine Wurzel in der Würde und ist damit in der Person, im Menschen als solches verwurzelt. Damit ergibt sich folgende Unterscheidung:

  • Dank: Leistung=Spende und Gegenleistung=Dank
  • Würdigen: die Person (und damit ihre Handlungen) würdigen

Das ist wohl auch die Wurzel, warum wir von Kindesbeinen an darauf getrimmt werden, alles Erhaltene zu bedanken. Nach “Mama” und “Papa” sind “Bitte” und “Danke” vermutlich am häufigsten gelehrten Worte am Anfang. Es geht nicht nur um den Austausch. Es geht um die dahinter stehende Person und ihre Haltung.

Wenn wir uns bedanken, würdigen wir, dass

  • jemand an uns denkt,
  • wir wergeschätzt werden,
  • etwas ohne Verpflichtung mit uns geteilt wird.

Diese Haltung ist es, welche ich – im Kontext der Würdigung – bedanke und wertschätze.

“Danke für …” – ist eine etwas vergleichende Formulierung, die wir meist verwenden. Ich bedanke eine Handlung, eine Gabe. Und damit fange ich schon mit dem Messen und dem Werten an. Ist die Spende klein oder groß, angemessen oder zu klein/zu groß? Ist sie meinen Dank überhaupt wert? Bin ich der Richtige, um zu bedanken?

Wenn ich aber den Begriff der “Würdigung” in eine Organisation einführe, dann löse ich mich aus dieser primär materiell bestimmten Sicht. Beim Würdigen stehen der Spender und die Spenderin als gebender Mensch im Fokus. Und dann betrachte ich auch viel mehr, wie Gabe und Gebender zueinander in Beziehung stehen. Wenn ich würdige, dann werden die Gabe der armen Rentenempfängerin und die Gabe der Millionärin auf eine gleiche Stufe gehoben. Beide sind dann Ausdruck einer Haltung des Gebenden zum Empfänger – unabhängig von der Höhe.

Für wertschätzenden Dank, müssen wir vielleicht an unserer Floskel “Danke für …” arbeiten.

Spenden ist nicht selbstverständlich. Höchstens die Hälfte der Bevölkerung tut es. Umso wichtige ist es, diejenigen, welche ein für sie wichtiges Anliegen fördern, zu wertschätzen, zu würdigen.

Wie ändert sich unser Verhältnis zu Gebenden, wenn wir sie würdigen?

Ich finde, das ist eine spannende Frage, denn sie ist nicht so aus dem Bauch heraus zu beantworten. Wie würde sich unser Verhältnis zu Spender*innen verändern, wenn wir nicht “blos” bedanken (was jetzt schon viele nicht machen), sondern dies in der gedanklichen Haltung des Würdigens machen?

Wie können Formen der Würdigung aussehen? Mit einer Seminargruppe fanden sich schnell einige Ideen:

  • Auch außerhalb der “Reihe” danken, also nach x Jahren als Zeichen der Verbundenheit
  • Unabhängig vom gegebenen Betrag bedanken
  • Plaketten / Tafeln / Spender- oder Stifterwände / Namensnennungen
  • Urkunde
  • Zeit nehmen bei Gesprächen, Anrufen
  • Spender- oder Stifterversammlung
  • Nach der Meinung fragen, Vorschläge und Beschwerden annehmen
  • Teilhabe an der Projektentwicklung / Infos geben
  • Vorhalten einer zugewandten Fundraising-Struktur mit Mitarbeitenden

Ich würde mich über Kommentare freuen, ob dieser Ansatz die Beziehung zwischen einer Organisation und Spendern verändern kann? Oder ist es nur Wortklauberei? Welche Ideen oder Ansätze einer Würdigung von Spendern gibt es noch?


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3 thoughts on “Bedanken oder Würdigen?

  1. Lieber Kai,

    ich habe Dir noch gar nicht gedankt für Dein tolles Werk “Fundraising Coach”. Alle Achtung!
    Ja und zum Danken in NPO kann ich Dir nur beipflichten: es wird jede Spende bedankt und zwar mir handschriftlicher Zeichnung, denn es ist
    a) nicht selbstverständlich und FREIWILLG, dass jemand spendet
    b) es zeugt von Respekt der Gabe und dem Gebenden gegenüber
    c) es könnte der Anfang von etwas Gutem und Großen werden.

    Liebe Grüße
    Christine Worch

  2. Hallo Kai,
    vielen Dank für Deine Überlegungen!

    Ich persönlich brauche kein Danke, weder maschinell noch handschriftlich unterschrieben, denn ich spende nicht der Organisation als solches, sondern dem Ziel, das die Organisation und ich teilen.

    Ich liebe es, wie der Tierschutzverein, von dem wir unseren Hund “kauften” (also per Spende aus Sicht des Finanzamtes), das handhabt. Kein (schriftliches) Danke. Auch nicht für “echte” Spenden. Stattdessen einmal im Jahr ein kurzer Newsletter im Briefkasten mit Ausblick auf geplante Projekte, Rückblick auf umgesetzte Projekte, etc. Das ist es, was ich als Spender wissen möchte: Was ist mit meiner Spende geschehen? Hat sich mein finanzieller Aufwand gelohnt?

    Obendrein wird in der Adventszeit einmal zum Kuchenbasar, Kaffee, heißer Schokolade geladen. Das Gelände steht für alle offen, man kann vor Ort sehen, was sich verändert hat. Die Ehrenamtler sind für Gespräche offen, beantworten Fragen, … Und ganz nebenbei gebe ich für Kaffee und Kuchen wesentlich mehr Geld aus, als ich für eine offizielle Spende bereit wäre zu überweisen.

    Win-win Situation für alle!

    So sieht für mich ein “Danke” aus, es fühlt sich für alle gut an.

    Ganz liebe Grüße von der Ostseenudel!

    1. Liebe Ostseenudel,
      danke für den ausführlichen Kommentar. Und was du schreibst, trifft genau den Kern dessen, was ich sagen wollte. Wie der Tierschutzverein die Unterstützemdem würdigt, dieser Kuchenbasar und der Austausch, das ist doch wunderbar. Hauptsache kein blindes “Schema-F”.
      Herzlich
      Kai

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