Stilisierte Figur sitzt mit nachdenklicher Körperhaltung auf einem rosa Sparschwein

Spenden sparen? Ausnahmen von der zeitnahen Mittelverwendung

Wenn ich eine Spende gebe, gehe ich davon aus, dass sie auch benötigt und verwendet wird. Das trifft auf jeden Fall für alle Spenden mit einem dafür beworbenen Verwendungszweck zu. Spenden sind da, um ausgegeben zu werden.

Aber wie ist es mit Spenden, die man „einfach so“ einer Organisation überweist, zum Beispiel ohne besonderen Anlass vor Weihnachten? Was ist mit den Spenden, die als „ohne Zweckbindung“ bezeichnet werden, die von Vereinen als „Wo am Nötigsten“, als „freie Mittel“, etc. verbucht werden? Was passiert, wenn es gerade nirgends brennt, mit diesen Spenden? Dürfen Organisationen dieses Geld einfach auf dem Konto für schlechte Zeiten sparen?

Mit dem Etikett „zeitnahe Mittelverwendung“ wird in der Abgabenordnung (AO, § 55 Abs 1 Nr. 5) geregelt, dass Spenden im Normalfall innerhalb von zwei Kalenderjahren nach dem Zuflussjahr auszugeben sind. Das ist die – in meinen Augen legitime – Forderung des Staates, denn immerhin ermöglicht er den Spendenabzug vom zu versteuernden Einkommen. Dann soll mit dem Geld auch was passieren.

Aber ist das immer so? Dürfen geerbte Mittel nicht aufgehoben werden? Und wie ist das mit einer geschenkten Wohnung, muss die auch verkauft werden?

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Mit diesem Spruch werden nicht nur Studierende von Jura-Einführungsvorlesungen genervt. Aber er ist eine der Sprüche, die hängenbleiben sollten. Bei unserer Frage, was mit Spenden zu tun ist, hilft erneut unser „Spendengesetz“, die Abgabenordnung, weiter.

Im § 62 AO wird im Abschnitt (3) beschrieben, wann die zeitnahe Mittelverwendung nicht gilt:

(3) Die folgenden Mittelzuführungen unterliegen nicht der zeitnahen Mittelverwendung nach § 55 Absatz 1 Nummer 5:

1. Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand vorgeschrieben hat;

2. Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind;

3. Zuwendungen auf Grund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden;

4. Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören.

Das sind doch vier ganz spannende Punkte, die einer gemeinnützigen Organisation einige Möglichkeiten bieten, in vertretbarem Umfang eine freie Rücklage aufzubauen, um zum Beispiel Gehaltszahlungen abzusichern oder auf seltene Notlagen reagieren zu können.

Im Fall der Immobilien können zum Beispiel alle vier Punkte relevant sein. Wenn wir eine Wohnung vererbt bekommen, dürfen wie sie behalten. Wenn wir sie zu Lebzeiten geschenkt erhalten mit der Ansage, sie zu behalten, ist das also ebenfalls möglich. Wenn wir gezielt um Immobilien zum Vermögensaufbau werben (ja, das funktioniert tatsächlich – im Fundraising bekommt man das, worum man bittet), ist das ebenso von der AO abgedeckt. Und als zum Vermögen gehörende Sachzuwendung, Punkt vier der Aufzählung, würde ich Immobilien auch ansehen.

Wenn in einer Organisation also bei einer angekündigten größeren Spende Aufregung herrscht, wie man sie wohl zeitnah ausgeben könne, ohne ein Strohfeuer an Aktivitäten starten zu müssen, können wir nun anhand der Ausnahmenliste an einer Alternative überlegen. Vielleicht kann im Gespräch mit der gebenden Person zum Beispiel der zweite Punkt relevant sein.

Die Deutsche Stiftungs-Akademie (DAS) hat übrigens eine sehr schöne Zusammenstellung der Abgabenordnung  (AO) mit dem sich ständig verändernden Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) erstellt (-> Link zur Website).


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